Auslegung einer Versorgungsordnung (BAG-Urteile vom 30.11.2010 – 3 AZR 475/09, 3 AZR 476/09 und 3 AZR 747/08)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich in drei parallel ergangenen Entscheidungen vom 30.11.2010 (3 AZR 475/09, 3 AZR 476/09 und 3 AZR 747/08) mit einer Versorgungsordnung zu beschäftigen, die als Betriebsvereinbarung ausgestaltet war. Sie sah die Anrechnung der Hälfte der gesetzlichen Rente auf das betriebliche Ruhegeld vor. Des Weiteren war in der Betriebsvereinbarung geregelt, dass eine Kürzung der Sozialversicherungsrente des Mitarbeiters um Abschläge, die auf Grund vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand wegen der längeren Bezugsdauer der gesetzlichen Rente erfolgten, durch das Unternehmen nicht ausgeglichen werde und daher voll zu Lasten des Mitarbeiters gehe.

In dem entschiedenen Fall mit dem Aktenzeichen 3 AZR 475/09 bezog der Kläger seit Vollendung seines 60. Lebensjahres eine gesetzliche Altersrente, die wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme vor Vollendung des 65. Lebensjahres insgesamt um 18 % gekürzt worden war. Die Beklagte, die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers, rechnete bei der Berechnung der Betriebsrente nicht nur die dem Kläger tatsächlich gezahlte gesetzliche Rente hälftig an, sondern legte bei der hälftigen Anrechnung die fiktive, d. h. abschlagsfreie, gesetzliche Rente zugrunde.

Der Kläger war der Auffassung, dass bei der Berechnung seiner Betriebsrente lediglich die ihm tatsächlich gewährte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hälftig in Abzug zu bringen sei. Vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht hatte der Kläger zunächst Erfolg. Das BAG gab jedoch der Revision der Beklagten in der ergangenen Entscheidung statt und wies die Klage ab. Das BAG kam zu dem Schluss, dass bei der Berechnung der Betriebsrente der Arbeitgeber berechtigt sei, die abschlagsfreie, nicht durch einen verringerten Zugangsfaktor gekürzte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hälftig in Anrechnung zu bringen. Nach dem BAG ergibt sich dieses Verständnis der maßgeblichen Regelungen der betreffenden Versorgungsordnung durch Auslegung. Das BAG hatte die Regelungen der Betriebsvereinbarung wegen ihres normativen Charakters nach dem Wortlaut, dem Wortsinn und dem wirklichen Willen der Betriebsparteien ausgelegt. Ferner nahm es eine Auslegung nach dem beabsichtigten Zweck, dem Gesetzeszusammenhang, der Systematik sowie der Entstehungsgeschichte vor. Nach Ansicht des BAG stünden auch betriebsrentenrechtliche Wertungen der Interpretation, dass bei der Berechnung der Betriebsrente die fiktive gesetzliche Rente hälftig angerechnet werden könne, nicht entgegen.

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