IAS 19 Employee Benefits (2011) – Neuregelung der Bilanzierung von Leistungen an Arbeitnehmer nach IFRS

Das International Accounting Standards Board (IASB) hat am 16.06.2011 eine Neufassung des IFRS Standards IAS 19 (2011), der die Bilanzierung von Leistungen an Arbeitnehmer regelt, veröffentlicht. Die Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung des IAS 19 (2008) betreffen insbesondere die Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste, die Aufwandskomponenten sowie die darzulegenden Anhangangaben.

Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste

Gemäß IAS 19.92 ff. (2008) haben Unternehmen bezüglich der Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste ein Wahlrecht.

Bei Anwendung der sog. Korridormethode werden diese nicht erfasst, soweit sie in einem Korridor von 10 % des höheren Wertes aus Barwert der leistungsorientierten Verpflichtung und beizulegendem Zeitwert eines etwaigen Planvermögens liegen. Der den Korridor übersteigende Betrag dividiert durch die erwartete durchschnittliche Restlebensarbeitszeit der vom Plan begünstigten Arbeitnehmer wird im Folgejahr erfolgswirksam verbucht. Ferner ist jede schnellere (systematische) Erfassung von versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten zulässig. Als weitere Möglichkeit (3. Option) ist die sofortige, ergebnisneutrale Erfassung im Eigenkapital (other comprehensive income, OCI) vorgesehen.

Dieses Wahlrecht zur Erfassung der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste besteht nach IAS 19 (2011) nicht mehr. Die Erfassung ist nur noch als Teil des neu eingeführten Neubewertungsaufwands/-ertrags im Eigenkapital (OCI, analog zur bisherigen 3. Option) möglich (IAS 19.120 i. V. m. IAS 19.127 ff.). Dadurch wird erreicht, dass die bilanzierte Verpflichtung dem vollen Verpflichtungsumfang entspricht und keine „versteckten“ Gewinne oder Verluste bestehen. Die bisherige Möglichkeit, versicherungsmathematische Gewinne und Verluste erfolgswirksam zu erfassen, ist nicht mehr gegeben. Eine nachträgliche erfolgswirksame Erfassung, wie sie nach den Regelungen von US-GAAP vorgesehen ist (sog. Recycling), ist ebenfalls nicht zulässig.

Aufwandskomponenten

Der mit der leistungsorientierten Verpflichtung verbundene Aufwand wird gem. IAS 19.8 in drei Komponenten aufgeteilt:

(a) Dienstzeitaufwand (service cost),
(b) Nettozinsaufwand/-ertrag (net interest on the net liability (asset)) und
(c) Neubewertungsaufwand/-ertrag (remeasurements of the net defined benefit liability (asset)).

Der Dienstzeitaufwand besteht wiederum aus drei Komponenten: dem laufenden Dienstzeitaufwand (current service cost), dem nachzuverrechnenden Dienstzeitaufwand (past service cost) und den Gewinnen oder Verlusten aufgrund von Abfindungen (gain or loss on settlement). Die bisherige Möglichkeit, den nachzuverrechnenden Dienstzeitaufwand über die Zeit bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit der Verpflichtung zu verteilen, ist entfallen.

Der Nettozinsaufwand bzw. -ertrag ergibt sich aus der Multiplikation des Rechnungszinses mit der Nettoverpflichtung, bei der erwartete Veränderungen während der betrachteten Periode aufgrund von Rentenzahlungen oder Beiträgen zu berücksichtigen sind (IAS 19.123). Die Nettoverpflichtung ist die Differenz zwischen dem Barwert der Verpflichtung und dem beizulegenden Zeitwert des Vermögens unter Berücksichtigung des asset ceilings. Im Unterschied zur bisherigen Regelung spielen damit erwartete Erträge aus dem Planvermögen keine Rolle.

Der Neubewertungsaufwand/-ertrag umfasst die versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste aus Parameteränderungen und die sog. erfahrungsbedingten Anpassungen (experience adjustments), die Abweichung der tatsächlichen Erträge aus dem Planvermögen von den über den Nettozinsaufwand/-ertrag berücksichtigten Erträgen sowie, soweit nicht im Nettozinsaufwand/-ertrag bereits erfasst, Änderungen des Effekts durch asset ceiling (IAS 19.127 ff.).

Gemäß IAS 19.120 sind der Dienstzeitaufwand und der Nettozinsaufwand/-ertrag im Periodenergebnis (profit or loss) erfolgswirksam zu erfassen. Der Neubewertungsaufwand/-ertrag wird hingegen erfolgsneutral im Eigenkapital (OCI) erfasst.

Bilanzielle Darstellung und Anhangangaben

Für post-employment benefits (z. B. Pensionsverpflichtungen) sind aufgrund der Vorschriften in IAS 19.131 ff. erweiterte Anhangangaben erforderlich. Für andere Leistungen an Arbeitnehmer (z. B. Jubiläumsgelder, Altersteilzeit) werden durch IAS 19 keine zusätzlichen Vorgaben bezüglich der Anhangangaben gemacht.

IAS 19.135 fordert vom Bilanzierenden insbesondere folgende Angaben:

(a) Beschreibung der Plancharakteristik und der damit verbundenen Risiken,
(b) Erläuterungen der im Jahresabschluss aufgeführten Beträge und
(c) die Höhe, den Zeitpunkt und die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Zahlungen.

Zur Plancharakteristik gehören u. a. die Art der Verpflichtungen, die rechtlichen Rahmenbedingungen, planspezifische Risiken sowie Beschreibungen von Planänderungen und -abgeltungen (IAS 19.139).

Welche Erläuterungen zu den Beträgen im Jahresabschluss anzugeben sind, wird insbesondere in IAS 19.140 - 144 geregelt. Gefordert werden (wie bisher) Überleitungsrechnungen der Eröffnungs- und Schlusssalden des Planvermögens, des Barwerts der leistungsorientierten Verpflichtung sowie der Effekte aus dem asset ceiling. Zusätzlich ist nun auch eine Überleitung für die Rückstellungsbeträge im Anhang darzustellen. Ferner sind alle relevanten versicherungsmathematischen Annahmen anzugeben.

Neu hinzugekommen ist die Anforderung, Sensitivitätsberechnungen bezüglich der relevanten versicherungsmathematischen Annahmen vorzunehmen und zu erläutern (IAS 19.145). Dadurch soll gezeigt werden, welche Auswirkung eine mögliche Änderung einzelner Annahmen auf den Barwert der leistungsorientierten Verpflichtung hat.

Des Weiteren sind Angaben zu Finanzierungsinstrumenten (IAS 19.142), den erwarteten Planzuwendungen des Arbeitgebers im Folgejahr und der Duration der Verpflichtungen zu machen (IAS 19.147).

Entfallen sind u. a. eine Überleitung des Barwertes der Verpflichtungen und des Zeitwertes des Planvermögens zum bilanzierten Betrag (IAS 19.120 (f) (2008)), die Angabe historischer Daten der letzten vier Jahre (IAS 19.120 (p) (2008)) sowie die explizite Angabe des tatsächlichen Ertrags aus dem Planvermögen (IAS 19.120 (m) (2008)).

Altersteilzeitverpflichtungen

Aufgrund von Ergänzungen bei der Definition der termination benefits ist zurzeit nicht sicher, ob die Aufstockungsleistungen bei Altersteilzeitverpflichtungen weiterhin als termination benefits i. S. v. IAS 19 (2008) angesehen werden können. Nach dem aktuellen Stand der Diskussion scheint eine Einstufung als other long-term employee benefit wahrscheinlich. Dies hätte zur Folge, dass die Aufstockungszahlungen nicht mehr sofort mit dem vollen Barwert zu bilanzieren, sondern zeitratierlich anzusammeln wären. Zu diesem Thema wird in Kürze ein Entwurf einer Verlautbarung des Rechnungslegungs Interpretations Committee (RIC) erwartet.

Anwendung

Der Standard IAS 19 (2011) ist verpflichtend anzuwenden für Wirtschaftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2013 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Gemäß IAS 8 ist der Standard retrospektiv anzuwenden, d. h. es sind auch die nach den neuen Bilanzierungsvorschriften ermittelten Vorjahreswerte anzugeben.

Abweichend davon ist für Wirtschaftsjahre, die vor dem 01.01.2014 beginnen, die Angabe von Vergleichszahlen des Vorjahres für zusätzliche Sensitivitätsberechnungen gemäß IAS 19.145 nicht erforderlich.

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