Schwerpunkt-Thema
Pensionsverpflichtungen im handelsrechtlichen Abschluss nach dem BilMoG
Der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) äußert sich in mehreren Stellungnahmen zur Anwendung des BilMoG im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Umfassend wird die handelsrechtliche Bilanzierung und Bewertung von Pensionsverpflichtungen in der IDW-Stellungnahme IDW RS HFA 30, die am 09.09.2010 vom HFA verabschiedet wurde, dargelegt. Weitere Regelungen zum Übergang auf das BilMoG enthält IDW RS HFA 28, Abschnitt 3.4, mit Stand vom 09.09.2010. Fragen zur Ansatz- und Bewertungsstetigkeit werden im Entwurf IDW ERS HFA 38 behandelt. Die handelsrechtliche Bilanzierung einer Bewertungseinheit, die insbesondere bei einer Absicherung über Rückdeckungsversicherungen in Frage kommt, wird im Entwurf IDW ERS HFA 35 thematisiert.
Nachfolgend geben wir einen kurzen Überblick über die in den Stellungnahmen wesentlichen Regelungen für den Ansatz und die Bewertung von Pensionsverpflichtungen. Sollte sich die nachfolgend aufgeführte Regelung auf den IDW RS HFA 30 beziehen, erfolgt im Text ein Verweis auf die entsprechende Textziffer (Tz) ohne explizite Nennung der Stellungnahme IDW RS HFA 30.
Ansatz, Bewertungsparameter und -verfahren
Der erstmalige Ansatz der Pensionsrückstellung hat nach der Nettomethode zu erfolgen, d. h. in der Rückstellung ist die Abzinsung gemäß § 253 Absatz 2 Satz 1 HGB zu berücksichtigen (vgl. Tz. 59). Bei Zuführungen zu Pensionsrückstellungen ist der Zinsaufwand aus der Abzinsung der Pensionsrückstellungen separat zu ermitteln und im Finanzergebnis zu erfassen.
Es ist regelmäßig zulässig, die für die Bewertung der Pensionsverpflichtungen zum Erfüllungsbetrag notwendigen Parameter wie z. B. den Personenbestand, den Rechnungszins und Gehalts- und Rententrends drei Monate vor dem Abschlussstichtag zu erheben (vgl. Tz. 65). Hinsichtlich des Rechnungszinses kann uneingeschränkt derjenige für eine pauschale Restlaufzeit bzw. Duration von 15 Jahren verwendet werden (vgl. Tz. 56). Dennoch wird empfohlen, bei deutlich anderen Restlaufzeiten der Pensionsverpflichtungen des Versorgungsbestands einen abweichenden Rechnungszins zu verwenden; dieser kann für einen sachlich abgrenzbaren Teilbestand einheitlich entsprechend der Duration der zusammengefassten Verpflichtungen ermittelt werden (vgl. Tz. 57).
Hinsichtlich der für die Bewertung der Risiken aus den Pensionsverpflichtungen zu verwendenden versicherungsmathematischen Parameter wird in Tz. 62 betont, dass die Fluktuation für die im Unternehmen tätigen Versorgungsberechtigten zu berücksichtigen ist. Pauschale Einrechnungsmethoden von Fluktuation sind nicht mehr zulässig. Dies gilt z. B. für den steuerlich gemäß § 6a EStG vorgesehenen Ansatz eines Mindestalters, ab dem die Mitarbeiter bei der Bewertung erstmalig berücksichtigt werden, ebenso wie für Rückstellungspausen, die steuerlich für die Bewertung von Jubiläumsverpflichtungen gemäß § 5 Absatz 4 EStG vorgesehen sind. Jede handelsrechtliche Bewertung erfordert damit die Festlegung einer unternehmensspezifischen Fluktuationswahrscheinlichkeit der Mitarbeiter.
Als Bewertungsverfahren bei aktiven Mitarbeitern ist sowohl das Anwartschaftsbarwertverfahren (PUC-Verfahren) als auch das (modifizierte) Teilwertverfahren grundsätzlich zulässig (vgl. Tz. 61). Bei vertraglichen Besonderheiten wie Besitzständen aufgrund von Veränderungen der Versorgungszusage oder einmaligen Entgeltumwandlungen ist die Anwendung des Teilwertverfahrens auf seine Zulässigkeit zu überprüfen: Der Pensionsaufwand muss durch das gewählte Bewertungsverfahren verursachungsgerecht auf die Erdienensphase der Ansprüche verteilt werden.
Deckungsvermögen
Deckungsvermögen ist mit den dazugehörigen Pensionsverpflichtungen zu verrechnen. Die notwendige Zwecksexklusivität von Deckungsvermögen wird stets durch ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO erreicht (vgl. Tz. 23). Im Fall eines Absonderungsrechts gemäß § 49 InsO z. B. bei CTA-Modellen oder bei verpfändeten Rückdeckungsversicherungen kann eine Zweckexklusivität ebenfalls vorliegen (vgl. Tz. 24). Eigene Anteile können entgegen des Entwurfs des IDW RS HFA 30 auch Deckungsvermögen darstellen. Überdotierungen des Deckungsvermögens dürfen auf den Arbeitgeber rückübertragen werden, sofern gemäß Tz. 33 die Verpflichtungen durch das verbleibende Deckungsvermögen voraussichtlich mit hinreichender Sicherheit gedeckt sind. Diese Formulierung wird indes nicht weiter präzisiert bzw. es werden keine weiteren Hinweise zum besseren Verständnis gegeben. Es bleibt damit der Praxis überlassen, im Einzelfall zu entscheiden, ob die Rückübertragung so niedrig gewählt wurde, dass weiterhin eine hinreichende Sicherheit bestehen bleibt.
Deckungsvermögen ist mit seinem Zeitwert anzusetzen. Der Zeitwert entspricht dem Marktpreis des Vermögengegenstands. Sollte kein Marktpreis vorhanden sein, wie dies bei Rückdeckungsversicherungen regelmäßig der Fall ist, ist gemäß § 255 Absatz 4 Satz 2 HGB der hypothetische Marktpreis mit Hilfe anerkannter Bewertungsverfahren zu ermitteln. Dies sind beispielsweise Vergleichs- oder Kapitalwertverfahren (vgl. Tz. 67). Kann auch mit Hilfe anerkannter Bewertungsmodelle ein Zeitwert nicht bestimmt werden, so sind nach § 255 Absatz 4 Satz 3 HGB die Anschaffungskosten des Vermögensgegenstands fortzuführen.
Zeitwert und Beurteilung der Kongruenz von Rückdeckungsversicherungen
Bei Rückdeckungsversicherungen lässt sich u. E. regelmäßig ein hypothetischer Marktpreis mit Hilfe anerkannter Bewertungsverfahren ermitteln, der als Zeitwert anzusetzen ist. Da eine Bewertung der Leistungen der Direktzusage des Unternehmens gemäß § 253 Absatz 1 Satz 2 i. V. m. Absatz 2 HGB zu einem vom Gesetzgeber vorgeschriebenen „nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag“ führt, muss eine solche Bewertung auch einen zutreffenden hypothetischen Marktpreis der Leistungen der Rückdeckungsversicherung implizieren. Folglich sind die Versicherungsleistungen der Rückdeckungsversicherung auf Basis der gleichen Bewertungsannahmen zu bewerten wie die Versorgungsleistungen der dazugehörigen Direktzusage, also entsprechend § 253 Absatz 1 Satz 2 i. V. m. Absatz 2 HGB. Implizit werden damit die nicht durch die Rückdeckungsversicherung abgedeckten Versorgungsverpflichtungen bzw. die Nettopensionsverpflichtungen bilanziell als Rückstellung erfasst. Dies ist auch wirtschaftlich angemessen, denn das Unternehmen wird unmittelbar durch die Leistungen der Versicherung von seinen zugesagten Versorgungsleistungen entlastet.
Ein Ansatz der Rückdeckungsversicherung zu den fortgeführten Anschaffungskosten – dies ist der sog. Aktivwert bzw. das geschäftsplanmäßige Deckungskapital des Versicherungsvertrags zzgl. eines etwa vorhandenen Guthabens aus Beitragsrückerstattungen (vgl. Tz. 68) – ist u. E. nur dann vertretbar, wenn aufgrund des Sachverhalts die Bewertung der Rückdeckungsversicherung von untergeordneter Bedeutung ist. Dies dürfte z. B. bei voll kongruenten Rückdeckungsversicherungen der Fall sein, weil hier aufgrund des Saldierens stets der Wert Null in der Bilanz ausgewiesen wird. Die Höhe und damit die Bewertungsmethodik des Zeitwerts spielen damit für die Höhe des Werts in der Bilanz keine Rolle, der Zeitwert erscheint lediglich als Angabe im Anhang. Ansonsten führt der Ansatz der Rückdeckungsversicherung zum Aktivwert regelmäßig zu Scheingewinnen in der Bilanz.
Inwieweit Rückdeckungsversicherungen kongruent zu Versorgungszusagen sind, ist u. E. für den Einzelfall i. d. R. durch einen Experten bzw. den Aktuar zu prüfen, weil dies i. d. R. nicht durch das Unternehmen geleistet werden kann.
Bei voll kongruenten Rückdeckungsversicherungen, die kein Deckungsvermögen darstellen, besteht ein Wahlrecht zur Bildung einer Bewertungseinheit (vgl. Tz. 76, IDW ERS HFA 35, Tz. 12). Die sog. Durchbuchungsmethode ist hier anzuwenden.
Altzusagen
Bei Vorliegen von Altzusagen, deren Fehlbetrag im Anhang angegeben wird, kann nach Tz. 35 kein Deckungsvermögen vorliegen. Folglich ist weiterhin auf der Aktivseite das Vermögen zu den fortgeführten Anschaffungskosten und im Anhang die unsaldierte Pensionsrückstellung auszuweisen. Sollte für Altzusagen eine Rückstellung in der Bilanz gebildet werden, gelten die o. g. Regelungen.
Bei Altzusagen ist nach dem Entwurf IDW ERS HFA 38, Tz. 15 zu beachten, dass aufgrund des Prinzips der Ansatz- und Bewertungsstetigkeit ein freiwilliger erstmaliger Ausweis einer Pensionsrückstellung in der Bilanz auch den Ausweis einer Pensionsrückstellung in den Folgejahren erzwingt. Hierbei ist die eingebuchte Rückstellung in den Folgejahren nicht nur fortzuführen, sondern auch künftige Anwartschaftszuwächse des aktiven Mitarbeiters sind zwangsweise in der Rückstellung auszuweisen.
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