Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Rechnungszins bei der externen Teilung
Der BGH hat mit Beschluss vom 09.03.2016 (XII ZB 540/14) entschieden, dass bei einer externen Teilung der Rechnungszins gemäß § 253 Absatz 2 HGB zur Ermittlung des Ausgleichswerts zu verwenden ist.
Sachverhalt
Der Ehemann hatte in der Ehezeit vom 01.06.1988 bis zum 31.03.2008 ein betriebliches Anrecht aus einer Direktzusage erworben. Der Arbeitgeber als Versorgungsträger verlangte die externe Teilung des Anrechts. Er ermittelte den Ausgleichswert als Kapitalwert und bezifferte ihn mit € 49.259. Der Ausgleichswert war mit einem Rechnungszinsfuß von 5,13 % und einem Rententrend von 2 % p. a. berechnet. Der Rechnungszins basiert auf einem Vorschlag des beauftragten Sachverständigen und entspricht dem Zins gemäß § 253 Absatz 2 Satz 2 HGB (nachfolgend BilMoG-Zins) im Zeitpunkt der Auskunftserteilung. Gegen die Berechnung des Ausgleichswerts mit dem BilMoG-Zins wendet sich die Rechtsbeschwerde der Ehefrau. Sie beanstandet ihn als zu hoch. Der Ansatz eines „marktüblichen“ Rechnungszinses in Höhe von 2,25 % bis 3,25 % p. a. würde dazu führen, dass die Wertobergrenzen für die externe Teilung überschritten werden und das Anrecht folglich intern zu teilen sei.
Entscheidung
Die Rechtsbeschwerde der Ehefrau hatte keinen Erfolg. Der vom Versorgungsträger mit dem BilMoG-Zins ermittelte Ausgleichswert wurde vom BGH nicht beanstandet. Im Beschluss hat der BGH die höchst umstrittene Frage zum maßgeblichen Rechnungszins bei der externen Teilung dahingehend entschieden, dass für die Barwertermittlung monatsgenau derjenige Zinssatz heranzuziehen ist, der sich für den Stichtag des Ehezeitendes aus den monatlich von der Deutschen Bundesbank bekannt gemachten Rechnungszinssätzen gemäß § 253 Absatz 2 HGB ergibt.
Bewertung
Die Entscheidung des BGH klärt eine der umstrittensten Fragen im neuen Versorgungsausgleichsrecht bezüglich der betrieblichen Altersversorgung sachgerecht und überwiegend im Sinne der Versorgungsträger. Während die Wahl des Rechnungszinses zur Ermittlung des Ausgleichswerts bei der internen Teilung kaum von Bedeutung ist, hat sie bei einer externen Teilung erhebliche praktische Relevanz.
Der Ausgleichswert wird aus der Summe aller ehezeitlich erdienten künftigen Zahlungen ermittelt, die mit ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit gewichtet und auf das Ende der Ehezeit als Bewertungsstichtag abgezinst werden. Je höher der für die Abzinsung verwendete Rechnungszins ist, desto niedriger ist der Ausgleichswert. Im Falle der externen Teilung wird dieser Kapitalwert an die Zielversorgung gezahlt, die für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht begründet. Bei der Ermittlung der Leistungen dieses neu begründeten Anrechts kommt dann u. a. der Rechnungszins der Zielversorgung zur Anwendung. Da in der Zielversorgung regelmäßig ein wesentlich geringerer Rechnungszins Anwendung findet, ergeben sich aus dem Ausgleichswert im Vergleich zur Direktzusage bei interner Teilung deutlich niedrigere Versorgungsleistungen für die ausgleichsberechtigte Person. Hierin sehen Teile der Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes.
Die Gerichte haben daher teilweise eine Korrektur des von den Versorgungsträgern ganz überwiegend verwendeten BilMoG-Zinssatzes verlangt. Hierzu wurden unterschiedliche Ansätze vertreten, die im Ergebnis jeweils zu einem Rechnungszins führen, der regelmäßig deutlich unter dem BilMoG-Zins liegt. In der Praxis kam es dann zum Teil zu der von den betroffenen Versorgungsträgern unerwünschten internen Teilung oder bei einer externen Teilung führte die Abweichung von den handelsbilanziellen Wertansätzen beim Versorgungsträger zu einem zusätzlichen Aufwand.
Der BGH hat nun entschieden, dass als maßgebender Rechnungszins der Zins nach § 253 Absatz 2 HGB für die Barwertermittlung heranzuziehen ist. Nach der Gesetzesbegründung zum Versorgungsausgleichsgesetz sei die Wahl des Rechnungszinses für die Abzinsung den Versorgungsträgern überlassen, damit ein möglichst realistischer und für das Versorgungssystem spezifischer Zins verwendet wird. Eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes erkennt der BGH in der Verwendung des BilMoG-Zinses nicht. Bei einer externen Teilung erfolge die gleichmäßige Teilung des Versorgungsvermögens. Der Versorgungsausgleich müsse aber nicht dazu führen, dass die Ehegatten daraus auch eine gleich hohe Versorgung erwarten können. Eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes käme nur dann in Betracht, wenn der Abzinsungssatz zu einer strukturellen Unterbewertung des Anrechts und damit zu einer systematischen Benachteiligung der ausgleichsberechtigten Person führen würde, was bei der Verwendung des BilMoG-Zinses nach Auffassung des BGH nicht der Fall ist.
Die Entscheidung berücksichtigt noch nicht die mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ erfolgte Ausdehnung des Durchschnittszeitraums für die Rechnungszinsermittlung nach § 253 Absatz 2 HGB von sieben auf zehn Jahre. Der BGH setzt sich jedoch ausführlich mit der BilMoG-Zins-Herleitung und der Glättung über den Durchschnittszeitraum auseinander. Er erkennt auch Vorteile gegenüber einem stark schwankenden stichtagsbezogenen Marktzins und stellt fest, dass sich die Glättung in einer Marktphase steigender Zinsen zugunsten der ausgleichsberechtigten Person auswirkt. Die Entscheidung lässt nicht erkennen, dass der BGH diese weitergehende Ausdehnung des Durchschnittszeitraums nicht mittragen würde.
Vor dem Hintergrund der Glättung des Zinssatzes durch die Ermittlung über einen Durchschnittszeitraum von sieben und nunmehr zehn Jahren erscheint auch die in der Praxis vielfach vorkommende Anknüpfung an den Bilanzstichtag vor dem Ende der Ehezeit zur Rechnungszinsermittlung als praktikable Lösung. Dem folgt der BGH jedoch nicht und stellt monatsgenau auf den BilMoG-Zins zum Ende der Ehezeit ab.
Offen lässt der BGH, ob ein Rententrend anzusetzen ist und welcher Zins zur Anwendung kommt, wenn das Ende der Ehezeit vor der erstmaligen Veröffentlichung des BilMoG-Zinses liegt.
Im Ergebnis ist die Entscheidung zu begrüßen, da sie die für die Versorgungsträger wirtschaftlich wichtige Anknüpfung an die handelsbilanziellen Wertansätze ermöglicht. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn die häufige Praxis, den Zins aus der letzten Handelsbilanz vor dem Ehezeitende zu verwenden, vom BGH aufgegriffen worden wäre.
Stuttgart, den 22.04.2016
Diesen Artikel stellen wir Ihnen auch als PDF-Download zur Verfügung: