Bundesarbeitsgericht zur Beschränkung einer Hinterbliebenenleistung auf namentlich benannte Ehegatten
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Beschluss vom 18.02.2020 - 3 AZN 954/19 im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entschieden, dass die Beschränkung einer Hinterbliebenenleistung einer betrieblichen Altersversorgung auf einen namentlich benannten Ehegatten eine unzulässige Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne von § 307 BGB darstellt.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Entscheidung über eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Die neue Ehefrau eines verstorbenen Mitarbeiters hatte eine Hinterbliebenenleistung vom Arbeitgeber eingeklagt, obwohl in der Versorgungszusage die erste Ehefrau des Mitarbeiters namentlich benannt war. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat ihr den Anspruch zuerkannt. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Gegen diese Nichtzulassung legte der Arbeitgeber Beschwerde ein, um eine höchstrichterliche Klärung aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zu erreichen.
Entscheidung
Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BAG mit Hinweis auf seine Rechtsprechung vom 21.02.2017
(3 AZR 297/15) zurückgewiesen. Hier hatte ein Arbeitgeber eine Hinterbliebenenleistung nur an diejenige Ehefrau zugesagt, mit der der Mitarbeiter im Zeitpunkt der Zusageerteilung verheiratet war (dort als „jetzige Ehefrau“ bezeichnet). Hierin sah das BAG eine Beschränkung, die den Mitarbeiter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt. Für die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung sei es vertragstypisch, dass sie eine bestimmte Kategorie von Personen, die in einem abgrenzbaren Näheverhältnis zum Versorgungsberechtigten steht, absichere. In diese Vertragstypik greife der Arbeitgeber mit seiner Beschränkung ein, ohne dass dies durch billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sei. Zwar habe der Arbeitgeber grundsätzlich ein Interesse, sein mit der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung einhergehendes finanzielles Risiko zu begrenzen. Der Zeitpunkt der Eheschließung sei jedoch kein zulässiger Anknüpfungspunkt für solche Risikoerwägungen.
In der nun veröffentlichten Nichtzulassungsbeschwerde macht das BAG deutlich, dass diese Entscheidung gleichermaßen für den Fall gilt, dass die Hinterbliebenenrente auf eine in der Versorgungszusage namentlich benannte Person beschränkt wird. Demnach stellt auch eine individuell zugesagte Hinterbliebenenversorgung eine unangemessene Benachteiligung des Mitarbeiters dar und die Klausel ist unwirksam.
Bewertung
Bislang konnte der Arbeitgeber eine Hinterbliebenenversorgung an eine genau bestimmte Person zusagen und somit sein Risiko kalkulieren. Die Entscheidung steht dieser geübten Praxis zur Risikobegrenzung entgegen. Heiratet der Mitarbeiter nach einer Scheidung oder dem Vorversterben des bislang begünstigten Ehegatten erneut, so ist der neue Ehegatte unabhängig von der Benennung in der Zusage Begünstigter der Hinterbliebenenversorgung. Ist dieser Begünstigte beispielswiese wesentlich jünger, so verteuert sich die Hinterbliebenenversorgung im Todesfall. Derart auf eine bestimmte Person zugeschnittene Versorgungszusagen sehen häufig keine anderen Klauseln zur Risikobegrenzung (Mindestehedauer-, Spätehen- oder Altersdifferenzklauseln) in Bezug auf die Hinterbliebenenabsicherung vor.
Die Rechtsprechung betrifft nur Versorgungszusagen, die dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen, was bei Zusagen mit einer individuellen Hinterbliebenenabsicherung regelmäßig der Fall ist.
Risiken aus dieser Rechtsprechung können sich beispielsweise auch im Bereich der Direktversicherungen ergeben. Sollte dort eine vergleichbare Fallgestaltung vorliegen und die Hinterbliebenenabsicherung auf eine bestimmte Person zugeschnitten sein, so wird der Versicherer im Zweifel an die hiervon abweichende aufgrund der vorstehend beschriebenen Rechtsprechung aus der Versorgungszusage berechtigte Person nicht leisten. Hier trifft dann den Arbeitgeber die Verpflichtung zur Gewährung der Hinterbliebenenleistung im Rahmen seiner Einstandspflicht aus § 1 Absatz 1 Satz 3 Betriebsrentengesetz.
Auch im Zusammenhang mit kongruent rückgedeckten Versorgungszusagen kann sich möglicherweise ein Handlungsbedarf ergeben, um weiterhin eine Kongruenz der Rückdeckung zu gewährleisten.
Wir empfehlen Ihnen, bestehende Versorgungszusagen im Hinblick auf die neue Rechtsprechung anzupassen. Gerne unterstützen wir Sie hierbei. Bitte wenden Sie sich an Ihren gewohnten Ansprechpartner.
Stuttgart, den 13.05.2020
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