Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur externen Teilung

Kaum ein Problembereich des reformierten Versorgungsausgleichsrechts ist so umstritten wie die externe Teilung nach § 17 VersAusglG. Nach dieser Vorschrift können Anrechte der betrieblichen Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage sowie Unterstützungskasse bis zu einem Ausgleichswert von derzeit € 82.800 extern geteilt werden, ohne dass die ausgleichsberechtigte Person dem zustimmen muss. Für alle anderen Anrechte liegt der Grenzwert nur bei derzeit € 7.644. In der Kritik steht die externe Teilung, weil aufgrund unterschiedlicher Bewertungsparameter in Ausgangs- und Zielversorgung sogenannte Transferverluste für die ausgleichsberechtigte Person entstehen. Die Leistungen, die aus der Zielversorgung resultieren, bleiben dann hinter denen zurück, die in der Ausgangsversorgung erreicht werden könnten.

§ 17 ist mit dem Grundgesetz vereinbar

Nun hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 26. Mai 2020 (1 BvL 5/18) auf die Vorlage des OLG Hamm hin entschieden, dass die Norm mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Eine externe Teilung bleibt demnach bei Direkt- und Unterstützungskassenzusagen in den bisherigen Grenzen unverändert möglich.

Die externe Teilung kann aber verfassungswidrig sein

Das BVerfG erkennt jedoch auch an, dass die externe Teilung verfassungswidrig sein kann. Dies ist dann gegeben, wenn bei der ausgleichspflichtigen Person eine Kürzung des Anrechts erfolgt, ohne dass sich dies in entsprechender Höhe im Erwerb eines selbständigen Anrechts für die ausgleichsberechtigte Person auswirkt. Transferverluste aufgrund externer Teilung können dann zur Zweckverfehlung der Kürzung des Anrechts und damit zu deren Verfassungswidrigkeit führen. In diesem Fall kommt eine gerichtliche Festsetzung des für die externe Teilung gemäß § 17 VersAusglG maßgeblichen Ausgleichswerts in Betracht. Bei dieser gerichtlichen Festsetzung des Ausgleichswerts ist neben den Grundrechten der ausgleichsberechtigten und der ausgleichspflichtigen Person das Interesse des Arbeitgebers in die Abwägung einzustellen, extern teilen zu können und hierbei lediglich einen aufwandsneutralen Kapitalabfluss hinnehmen zu müssen. Es ist Aufgabe der Familiengerichte den Ausgleichswert so festzusetzen, dass die Grundrechte aller beteiligten Personen gewahrt sind.

Wann sind die Grundrechte aller beteiligten Personen gewahrt?

Das Interesse des Arbeitgebers an einem aufwandsneutralen Kapitalabfluss muss nach Auffassung des BVerfG zurücktreten, wenn es durch die externe Teilung zu einer erheblichen prognostischen Leistungsverminderung kommt, die bei der internen Teilung nicht einträte. Hierzu ist ein Vergleich zwischen dem Wert einer fiktiven internen Teilung und der aus unterschiedlichen Zielversorgungen erwartbaren Versorgung anzustellen. Neben der gewählten Zielversorgung oder der Versorgungsausgleichskasse ist insbesondere – soweit zulässig – die gesetzliche Rentenversicherung als mögliche Zielversorgung zu berücksichtigen. Ist die Abweichung größer als 10 %, muss das Interesse des Arbeitgebers an der externen Teilung zurücktreten und der Ausgleichswert zu Lasten des Arbeitgebers so festgelegt werden, dass der 10 %-Korridor in der Zielversorgung nicht überschritten wird.

Auf die Familiengerichte kommt ein erhöhter Aufwand zu

Den Familiengerichten kommt die Aufgabe zu, für eine verfassungskonforme Durchführung der externen Teilung Sorge zu tragen. Sie müssen also die Vergleichswerte ermitteln bzw. ermitteln lassen. In Bezug auf die notwendigen Vergleichsberechnungen sind derzeit noch sehr viele Detailfragen durch die Praxis zu klären. Stellen die Familiengerichte einen zu hohen Transferverlust fest, werden sie den Ausgleichswert zu Lasten des Versorgungsträgers so festlegen, dass der 10 %-Korridor in der besten Zielversorgung nicht überschritten wird. Hierzu sind sie nach Auffassung des BVerfG berechtigt und folglich nicht an den vom Arbeitgeber ermittelten Ausgleichswert gebunden. Die vom Bundesgerichtshof festgelegten Grundsätze, dass der Ausgleichswert mittels des BilMoG-7-Jahres-Durchschnittszinssatzes ermittelt wird (Einzelheiten hierzu finden Sie auf unserer Homepage unter https://www.kmkoll.de/artikel.aspx?ID=52 und https://www.kmkoll.de/artikel.aspx?ID=57), hat dann bei zu hohen Transferverlusten für die ausgleichsberechtigte Person keinen Bestand mehr. Die Erhöhung des Ausgleichswerts kann nicht durch eine zusätzliche Kürzung des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person kompensiert werden.

Auswirkungen für den Arbeitgeber und Ausblick

Erhöht das Familiengericht den Ausgleichswert zu Lasten des Arbeitgebers, so räumt das BVerfG dem Arbeitgeber die Möglichkeit ein, diese Verteuerung des Versorgungsausgleichs nicht hinzunehmen und stattdessen zur internen Teilung überzugehen.

Zunächst bleibt abzuwarten, wie die Familiengerichte die Entscheidung des BVerfG in die Praxis umsetzen werden. Auf die Arbeitgeber werden voraussichtlich weitere Auskunftsersuchen im Hinblick auf die Werte einer fiktiven internen Teilung zukommen.

Wir empfehlen dringend, die Beschlüsse der Familiengerichte sorgfältig zu prüfen, da nicht auszuschließen ist, dass die vom Arbeitgeber gemeldeten Ausgleichswerte vom Familiengericht angehoben werden. In diesen Fällen sollte geprüft werden, ob die Vergleichsberechnungen auch sachgerecht durchgeführt wurden – erste Probeberechnungen haben ergeben, dass insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung im aktuellen Zinsumfeld bei Anwärtern zu einer besseren Versorgung als bei einer internen Teilung führt. Ist bei keiner Zielversorgung eine ausreichende Versorgung möglich, lässt sich die Verteuerung der externen Teilung durch den Übergang zur internen Teilung verhindern. Es empfiehlt sich, im Hinblick auf notwenige Vergleichsberechnungen oder ein Ausweichen in die interne Teilung die erforderlichen Festlegungen hierfür (bspw. Leistungsspektrum, Teilungskosten) rechtzeitig zu treffen. Wir unterstützen Sie gerne. Bitte wenden Sie sich an Ihren gewohnten Ansprechpartner.

Stuttgart, den 01.07.2020

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